Diesem Leitfaden in seinem Kunstschaffen folgend, will Marc Reibel in seinen Skulpturen und Malereien nicht abbilden, sondern immer wieder etwas Neues, in der Natur so nicht Vorhandenes darstellen.
Eine absolut richtige Einschätzung, doch schlägt Marc Reibel in seinen Kunstäußerungen im Gegensatz zur gängigen Kunstszene einen in vieler Hinsicht gänzlich einzigartigen Weg ein, besonders im Hinblick auf seine Mooreichen- Plastiken.
Vor dem Hintergrund seiner Liebe zur Natur und zu Gott, dessen Schöpfung für den Künstler die einzig wahre Kunst darstellt, gilt seine Faszination der daraus resultierenden Evolution, der der Weiterentwicklung innewohnenden fortwährenden Wandlung und der damit verbundenen Veränderung von Erscheinungsformen.
In gewisser Weise an die Kultur der Aborigines und deren Kunstäußerungen erinnernd, die unter dem Begriff "Traumzeiten" ihre und ihrer Ahnen Geschichte verstehen, beschäftigt sich Marc Reibel in jeder Facette seiner Kunst mit einer Form von Geschichtlichkeit.
Das Ergebnis sind höchst originelle Skulpturen aus Mooreiche, Oliven- oder Tannenholz, Wurzeln, jeweils meist in der Kombination entweder mit versteinertem Lehm oder mit gefundenen und unverändert gelassenen Metallteilen, vermeintlicher Abfall, den der Künstler ganz und gar nicht als solchen ansieht.
Angespornt von der Überzeugung, dass "ein Künstler auch ein Erfinder sein muss", gehört das neugierige, nicht ruhen wollende Experimentieren mit Materialien und Formen zum täglichen künstlerischen Tun. Die Vielfalt der dabei neu entdeckten Möglichkeiten artikuliert sich in der großen Bandbreite seines Oeuvres.
Der mögliche und hoffentlich nur flüchtige Gedanke an einen fehlenden Stil sei sofort damit entkräftet, dass sich in allen Werken, sowohl den plastischen als auch den Malerischen, eine eindeutig erkennbare und sehr konsequent durchgängige eigene, sehr persönliche, immer ein wenig humoristische Handschrift formuliert.
Ganz im Sinne Michelangelos, der aus dem Stein immer nur die ihm bereits
innewohnende Figur herausmeißelte, läßt sich auch Marc
Reibel durch den Stamm inspirieren und arbeitet mit viel Feingefühl
für die Materie und
ihre Vorgaben nur das heraus, was der Stamm enthält.
Wie die Kombination von Metall und Holz sich spannungsvoll ergänzen, nicht aber gegenseitig in der Wirkung dämpfen soll, arbeitet er auch in seiner von starken, klaren Farbgegensätzen gekennzeichneten Malerei mit Kontrasten.
Es sind dieselben, wie bei seinen plastischen Arbeiten: Eine ganz gezielt
eingesetzte Gegeneinanderstellung von Fläche und Linie. Auch in dieser
Facette seiner Arbeit ist er von der Natur inspiriert, denn obwohl "in
der Natur alles zusammenhängt, zeigt sie sich voller Kontraste."
Äußerst fragile dünnlinige Zeichnungen von Fantasie-
bzw. Traum- Gestalten, erscheinen neben klarfarbigen Flächen oder
bilden teilweise deren Kontur, gesellen sich zu dicken schwarzen Konturlinien
und werden vor einen oft monochromen Grund aus Rollputz gestellt. Schon
in der Wahl dieses ungewöhnlichen Malgrundes wird deutlich, dass
der Künstler auch in seinen zweidimensionalen Arbeiten ein gewisses
Volumen, eine Form der
Plastizität anstrebt. Dies erreicht er mit einer Mischtechnik aus
der für Transparenz stehenden Tinte, der Form gebenden Tusche, dem
opaken, aber matten Acryl und dem ebenfalls opaken, aber glänzenden
Kunstharz.
Es ist eine in gewisser Weise gestische Arbeitsweise was im übrigen
genauso für sein plastisches Tun gilt-, bei der die Gedanken weitestgehend
ausgeschaltet sein sollten, damit die Malerei fließen kann.
Thematisch kreist dieses in jeder Hinsicht sehr experimentelle Arbeiten
beispielsweise um die Suche nach verschiedenen, immer anderen Formen von
Köpfen, Vögeln oder Fischen, letztendlich um die Suche nach
deren
Archetypus, seinem "Bild aus Traum- Zeiten". Oft entsteht eine
solche Gestalt mit nur ganz sparsamen, einem Minimum an linearen Angaben,
pulsiert zwischen Abstraktion und plötzlicher Erkenntnis des Dargestellten.
Dr. Cornelia Vagt-Beck
Kunsthistorikerin
Ausschnitt aus der Laudatio | Badische Beamtenbank